Interview

Arbeitsumfeld im Wandel – wenn Generationen zusammenarbeiten

Henkel-Personalvorständin Sylvie Nicol im Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Generation Z, Leonie Hartmann, über ein sich veränderndes Arbeitsumfeld – durch Dialog, Authentizität und gemeinsame Ziele

New Work 03.07.2025

Unser Arbeitsumfeld befindet sich im Umbruch. Neue Werte, technologische Entwicklungen und eine Belegschaft, die mittlerweile vier Generationen umfasst, verändern die Spielregeln. Während viele Babyboomer vor dem Ruhestand stehen, kommt die Generation Z mit frischen Ideen und hohen Erwartungen auf den Arbeitsmarkt. Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, unterschiedliche Kommunikationsstile, Arbeitsgewohnheiten und Vorstellungen unter einen Hut zu bringen – und gleichzeitig die Chancen zu nutzen, die in dieser Vielfalt liegen.

Diese neue Realität verlangt nach einem Führungsstil, der Generationen verbindet. In diesem Gespräch treffen zwei Perspektiven aufeinander: Sylvie Nicol, Personalvorständin bei Henkel und seit fast 30 Jahren im Unternehmen, und Leonie Hartmann, Managerin für Nachhaltigkeitskommunikation und Vertreterin der Generation Z. Gemeinsam sprechen sie über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, über gegenseitiges Lernen und darüber, wie gemeinsame Werte Brücken bauen können. Ihr Dialog zeigt, was es braucht, um in einer wirklich multigenerationellen Arbeitswelt erfolgreich zu sein.

Sylvie: Welche Erwartungen hat deine Generation an Arbeitgeber?

Leonie: Mir war schon immer wichtig, für ein Unternehmen zu arbeiten, das nicht nur wirtschaftlich etwas bewegen will, sondern auch gesellschaftlich – und das auf eine Art, die zu meinen Werten passt. Ein Unternehmen, das Fortschritt will, aber nicht auf Kosten der Mitarbeitenden. Sondern eines, das sich wirklich kümmert – um Gesundheit, Benefits und ein gutes Miteinander. Und das mir einen Job bietet, der mehr ist als nur 9-to-5 am Schreibtisch. Ich will etwas tun, das Sinn ergibt. Etwas, womit ich mich identifizieren kann – und was auch für meine Generation relevant ist.

Sylvie: Glaubst du, dass sich deine Erwartungen stark von denen früherer Generationen unterscheiden?

Leonie: Ich glaube, wir sprechen unsere Erwartungen einfach viel offener an – und wir haben auch das Gefühl, dass wir mehr einfordern dürfen. Weil wir wissen: Talente werden gebraucht, der Arbeitsmarkt sucht nach uns. Und genau deshalb wollen wir auch etwas, das Sinn stiftet. Etwas, das uns erfüllt. Das war zumindest immer mein Wunsch. Klar, es gibt auch Reibung zwischen den Generationen – nicht nur in Familien, sondern auch in großen Unternehmen wie Henkel oder generell in der Gesellschaft. 

Sylvie: Wenn ich auf eure Generation schaue, würde ich nicht sagen, dass ältere Generationen neidisch sind. Ich glaube, es ist eher Neugier – vielleicht sogar Faszination. Für mich persönlich ist es diese Authentizität, die ihr mitbringt. Diese bringt natürlich auch Bewegung rein. Ihr rüttelt an bestehenden Strukturen und bringt andere dazu, Dinge neu zu denken.

Porträtfoto von Sylvie Nicol, Personalvorständin bei Henkel

Für mich ist Leadership eine Reise, die nie aufhört. Nur weil man eine Führungsrolle erreicht hat, ist man noch lange keine gute Führungspersönlichkeit. Man muss sich weiter hinterfragen, reflektieren, neu ausrichten. Sich auch mal verletzlich zeigen und die eigenen Schwächen anerkennen – nur so entsteht echter Fortschritt.

Sylvie: Du arbeitest bei Henkel mit Kolleg:innen aus unterschiedlichen Generationen zusammen – wie erlebst du das?

Leonie: Ich habe mich bei Henkel immer willkommen und unterstützt gefühlt. Klar gibt es unterschiedliche Sichtweisen – manches hängt sicher auch mit dem Generationenthema zusammen. Aber wenn wir ehrlich sind: Der Begriff „Generation“ wird oft kritisch gesehen. Man kann aber nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, nur weil sie im gleichen Alter sind. Gerade in einem Unternehmen wie Henkel mit 47.000 Mitarbeitenden wird Individualität großgeschrieben. Wenn ich auf die Gesellschaft insgesamt schaue, habe ich schon das Gefühl, dass es viele Missverständnisse über die Gen Z gibt. Da heißt es dann schnell, wir seien faul, überempfindlich oder nur auf Selbstverwirklichung aus – und das sei schlecht für das Business. Aber ich glaube, bei Henkel hat man erkannt: Wir sind eine Generation, die arbeiten will – wenn man uns die richtigen Aufgaben gibt. Aufgaben, die sinnvoll sind, die Wirkung haben – auf das Unternehmen und auf die Menschen, mit denen wir arbeiten.

Leonie: Wie hast du Generationenkonflikte erlebt, als du deine eigene berufliche Laufbahn begonnen hast?

Sylvie: Mein Eindruck ist: Dieses Phänomen, dass jede Generation die nächste mit einer gewissen Skepsis betrachtet, ist ein Muster, das sich wiederholt. Die Gesellschaft entwickelt sich weiter, und jede Generation ist anders als die davor. Und ja, oft schaut man mit Neugier – manchmal auch mit Unverständnis – auf die nächste. Das ging mir genauso, nur vielleicht bei anderen Themen. eute reden wir aber offener darüber. Eure Generation spricht viel mehr über das Leben an sich, über Erwartungen – und nicht nur über Arbeit. Das führt manchmal zu Missverständnissen. In meiner Generation war man da zurückhaltender. Aber das heißt nicht, dass wir keine Erwartungen hatten. Ich sage immer: Wenn es um Generationen geht, gibt es kein richtig oder falsch. Es gibt nur unterschiedliche Wege, Herausforderungen anzugehen. Und ich muss sagen: Ich sehe viele Unternehmen, in denen ältere Generationen heute von dem profitieren, wofür eure Generation sich starkmacht.

Was ist „Generational Leadership“?

Generational Leadership – das Führen von Mehrgenerationen-Teams – bedeutet, mit Empathie und Anpassungsfähigkeit über Altersgruppen hinweg zu führen. Das reicht von den Baby Boomern bis zur Generation Z. Es geht nicht darum, Generationen getrennt zu führen, sondern eine Kultur zu schaffen, in der unterschiedliche Erfahrungen, Werte und Fähigkeiten zusammenkommen. Dieser Führungsstil setzt auf Fairness, flexible Strukturen und personalisierte Entwicklung, um sicherzustellen, dass sich jeder gesehen, gehört und befähigt fühlt, sich weiterzuentwickeln – unabhängig von seinem Alter.

Sylvie: Wie können die jüngeren Generationen die Zukunft von Unternehmen und ihrer Kultur mitgestalten?

Leonie: Ich habe vor kurzem eine Statistik gesehen, in der es darum ging, was Menschen als Treiber und Hürden für die nachhaltige Transformation von Unternehmen wahrnehmen. Und ich finde, das lässt sich auch auf kulturellen Wandel übertragen – denn Nachhaltigkeit ist immer auch eine Frage der Unternehmenskultur. Die meisten Befragten haben gesagt, dass vor allem die jüngeren Generationen zentrale Treiber dieser Transformation sein werden – in Bezug auf Nachhaltigkeit und Kultur. Wir stellen Erwartungen. Und wenn ein Unternehmen nach außen kommuniziert, dass Nachhaltigkeit Priorität hat und dass es eine starke Kultur gibt – und ich komme dann mit genau dieser Erwartung in das Unternehmen und merke, dass das nur Fassade ist, dann werde ich in diesem Job nicht glücklich sein. Aber wenn ich sehe, dass sich wirklich etwas bewegt – dass Nachhaltigkeit ernst genommen wird, dass kultureller Wandel stattfindet – dann können wir etwas bewirken. Weil wir das von innen heraus mitgestalten wollen. Weil wir genau das von Unternehmen erwarten. Das gilt nicht nur für die junge Generation – das betrifft alle, die im Unternehmen arbeiten. Es geht darum, eine echte Verbindung herzustellen zwischen dem, was versprochen wird, und dem, was tatsächlich gelebt wird.

Sylvie: Also Versprechen auch wirklich einzulösen. Genau das ist Authentizität. Wenn ich in ein Unternehmen komme und merke, dass das, was mir vorher vermittelt wurde, nicht der Realität entspricht – dann bin ich auch schnell wieder weg. Das sollte für Unternehmen Ansporn sein, wirklich zu zeigen, wofür sie stehen. Kein Unternehmen ist perfekt. Viele sind auf einem Weg, wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit, Kultur oder Diversität geht. Aber entscheidend ist: Seid ehrlich darüber, wo ihr steht, wer ihr seid und was ihr erreichen wollt.

Leonie: Was sind die Anforderungen und Überzeugungen der Generation Z bei Neueinstellungen? Welche Veränderungen hast du bemerkt?

Sylvie: Es geht um die Frage, was ich von einem Unternehmen erwarten kann. Besonders bei Themen wie Werte, Kultur, Nachhaltigkeit oder Diversität – die spielen heute eine zentrale Rolle. Bewerber:innen wollen wirklich verstehen, was sie erwartet. Ob sie in ein Umfeld kommen, in dem sie sie selbst sein können. In dem sie dazugehören. Wenn es um die Karriere geht, ist das gar nicht so anders als bei früheren Generationen. Die jungen Menschen interessieren sich dafür, was wir in Bezug auf berufliche Weiterentwicklung zu bieten haben – auch wenn sie es so vielleicht heute nicht ausdrücken. Das ist das Interessante. Es geht um Fragen wie: Welche Erfahrungen kann ich bei dem Unternehmen machen? Kann ich mich intern weiterentwickeln? Kann ich zwischen Abteilungen wechseln? Kann ich im Ausland arbeiten? Es geht also darum, wie ich mich weiterentwickeln und unterschiedliche Erfahrungen sammeln kann – während es für frühere Generationen vielleicht eher um Karriereentwicklung im Sinne eines vertikalen Aufstiegs ging. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Aber letztlich steht immer die persönliche Entwicklung im Mittelpunkt. Und genau das fördern wir bei Henkel. Wir sind offen für Menschen, die sich verändern wollen, die neue Wege gehen. Davon profitieren nicht nur die Einzelnen, sondern auch das Unternehmen. Denn wir glauben fest daran: Je vielfältiger die Perspektiven, desto besser unser Business.

Porträtfoto von Leonie Hartmann, Managerin für Nachhaltigkeitskommunikation bei Henkel

Mir war schon immer wichtig, für ein Unternehmen zu arbeiten, das nicht nur wirtschaftlich etwas bewegen will, sondern auch gesellschaftlich – und das auf eine Art, die zu meinen Werten passt. Ein Unternehmen, das Fortschritt will, aber nicht auf Kosten der Mitarbeitenden.

 

Sylvie: Welchen Rat würdest du stellvertretend für die Generation Z Führungskräften der älteren Generation geben?

Leonie: Ich glaube, der Umgang mit neuen Kolleg:innen unterscheidet sich gar nicht so sehr – egal, wie alt sie sind. Es geht vor allem darum, offen zu bleiben und nicht in Schubladen zu denken. Denn wir neigen schnell dazu, die „Generationen-Brille“ aufzusetzen. Aber wenn wir – wie bei Henkel – eine starke Unternehmenskultur haben, dann können wir genau diese Unterschiede nutzen. Indem wir Bedürfnisse ernst nehmen und das Potenzial der Gen Z – oder jeder jüngeren Generation – wirklich ausschöpfen. Denn wir haben gute Ideen. Aber wir müssen am richtigen Ort sein. Im richtigen Unternehmen, im richtigen Job. Und genau das zu erkennen, ist eine Führungsaufgabe. Wenn wir in Teams richtig zusammengesetzt sind, dann geht es nicht mehr um Generationen. Dann geht es um Zusammenarbeit und Kompetenz.

Leonie: Wie hat sich die Führung in Bezug auf die Generation Z aus deiner Sicht verändert und welchen Rat würdest du der Generation Z für ihren eigenen Führungsstil geben?

Sylvie: Ich glaube, wir bewegen uns weg von einem eher autoritären Führungsstil hin zu einem empathischeren, fürsorglicheren Verständnis von Leadership. Und ich bin überzeugt: Die Wahrheit liegt – wie so oft im Leben – irgendwo dazwischen. Es geht um Balance. Mein Rat an Führungskräfte – unabhängig vom Alter oder der Generation – ist: Nur weil man führt, heißt das nicht, dass man alles weiß. Man braucht starke Menschen um sich herum. Und man muss bereit sein, zuzuhören – wirklich zuzuhören – um das volle Potenzial des Teams zu nutzen. Genau das macht gute Führung aus. Für mich ist Leadership eine Reise, die nie aufhört. Nur weil man eine Führungsrolle erreicht hat, ist man noch lange keine gute Führungspersönlichkeit. Man muss sich weiter hinterfragen, reflektieren, neu ausrichten. Sich auch mal verletzlich zeigen und die eigenen Schwächen anerkennen – nur so entsteht echter Fortschritt.

Das vollständige Gespräch zwischen Personalvorständin Sylvie Nicol und Gen Z-Vertreterin Leonie Hartmann, Managerin für Nachhaltigkeits­­kommunikation, gibt es hier (auf Englisch): 

YouTube Thumbnail A Coffee with Sylvie – Episode 4: Gen Z (Thumbnail)

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Was wie eine Lifestyle-Bewegung klingt, steht für einen Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt. New Work ist digitaler, flexibler und demokratischer. Bewerber:innen und Mitarbeitende fordern mehr Freiheit bei der Frage, wo, wann und wie viel sie arbeiten. Ihnen sind sinnstiftende Tätigkeiten wichtig, mit denen sie sich identifizieren können. Das New Normal ebnet dabei den Weg zu mehr Selbstbestimmung und -verwirklichung, angetrieben durch die digitale Transformation und smarte Arbeitszeitmodelle. 

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