Interview

Die Zukunft der Forschung ist automatisiert

Wie der Einsatz von Laborrobotern Innovationen bei Henkel vorantreibt

Zukunft 27.09.2022

Bei Produkttests im Labor ist es ein bisschen wie beim Staubsaugen zu Hause: Man kann das selbst erledigen - oder man delegiert diese Routineaufgabe an einen Roboter und schafft so Zeit für spannendere Tätigkeiten. Das ist nur eins von vielen Beispielen, wie der Einsatz von Robotern die Lebens- und Arbeitswelt verändern und effizienter gestalten kann. Denn automatische Assistenten bieten viele Potenziale und Chancen, wenn sie geschickt eingesetzt werden. Wie die Automatisierung von Arbeitsschritten bei Henkel im Inspiration Center Düsseldorf (ICD) konkret genutzt wird und sich positiv auf das Innovationstempo auswirkt, verrät Martin Altrock, Labortechniker bei Adhesive Technologies, im Interview.

In diesem Interview erfährst du:

1. Wie sah dein Arbeitsalltag vor der Einführung der Laborroboter aus?

Martin: In meiner Ausbildung zum Chemielaborant habe ich noch das manuelle Produkttest-Verfahren kennengelernt. Dabei habe ich in der Qualitätskontrolle für Pritt und Metylan erlebt, wie manuelle Arbeitsschritte immer und immer wiederholt werden mussten, beispielsweise bei der Überprüfung der Klebkraft von Pritt oder beim Kontrollieren der Größe der Metylan-Granulate. Was mir dabei vor allem in Erinnerung geblieben ist: Wie stark ich in all diese Prozesse involviert gewesen bin und wie viele Tests ich gleichzeitig im Auge behalten musste.

2. Wie werden die Produkttests heute ausgeführt?

Martin: Im ICD erledigen jetzt Roboter die vielen monotonen Routineaufgaben, ohne die eine professionelle Forschung und Entwicklung nicht möglich wäre. Meine Kolleg:innen und ich können die gewonnene Zeit nutzen, um neue Formulierungen für unser Portfolio zu entwickeln. Und da die Roboter rund um die Uhr einsetzbar sind, können wir unser Testvolumen deutlich erhöhen und nun innerhalb von 24 Stunden Testergebnisse liefern.

Martin Altrock, Labortechniker bei Henkel Adhesive Technologies

Da die Roboter rund um die Uhr einsetzbar sind, können wir unser Testvolumen deutlich erhöhen und nun innerhalb von 24 Stunden Testergebnisse liefern.

3. Welche Potenziale werden durch den Einsatz von Laborrobotern freigesetzt?

Martin: Neben der Durchführung der Tests ist auch die Erfassung der Ergebnisse durch die Automatisierung deutlich schneller und vor allem viel einfacher geworden. Beim Stichwort Laborarbeit denken viele immer noch an Forscher:innen mit Bunsenbrennern, die alles in eine Kladde eintragen. Die Realität sieht heute dank Albert, unserer cloudbasierten Software für Produktentwicklungsprozesse, ganz anders aus: Ich lege eine Aufgabe in der Maschine an, Albert sucht sich die Aufgabennummer und Testergebnisse, lädt die Daten in eine Zip-Datei und speichert diese automatisch in der Cloud. Dadurch haben alle Henkel-Forscher:innen weltweit Zugriff auf unsere Testergebnisse.

Ein weiterer Vorteil unserer automatischen Assistenten: Sie erledigen die monotonen Aufgaben ohne Pause in immer gleicher Qualität. Fehler aufgrund von Müdigkeit oder Überlastung werden vermieden. Auch kleinere Schwankungen in den Testbedingungen, beispielsweise hervorgerufen durch Temperaturunterschiede der menschlichen Hand, entfallen. Und wenn ein Experiment nicht erfolgreich ist, ist es jetzt einfacher, die Fehlerquelle zu identifizieren.

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Ein Roboterarm führt einen Produkttest durch

An einer Teststation wird die Haftstärke eines Klebstoffs zwischen zwei Trägermaterialien ermittelt.

Ein Roboterarm führt einen Produkttest durch

Ein Labortest misst, wieviel Kraft es braucht, einen ausgehärteten Klebstoff aufzubrechen.

4. Wie sieht dein Arbeitsalltag mit den automatisierten Assistenten aus?

Martin: Zu meinen Aufgaben gehört es zu überwachen, ob die Testreihen verlässlich ausgeführt werden. Gleichzeitig bin ich dafür verantwortlich, neue Aufgaben zu programmieren, den Maschinen also beizubringen, was sie tun sollen. Hier kann ich auf meine Ausbildung als Chemielaborant und auf meine damit verbundene Erfahrung mit Testroutinen zurückgreifen.

Viele Leute denken, dass so ein Testverfahren einfach nur einen Knopfdruck erfordert. Tatsächlich muss man schon ein bisschen herumtüfteln, damit die Roboter den Test exakt so durchführen, wie sie sollen. So hat es mich zum Beispiel mal einen ganzen Arbeitstag gekostet, bis der Roboter die Probe richtig gemessen hat. Die Roboter haben nämlich keine visuellen Sensoren, die ihnen sagen, wie sie mit einer Probe umgehen müssen. Wenn der Vorgang aber erst entsprechend abgespeichert ist, dann ist er für immer im Gedächtnis der Software und kann wiederkehrend abgerufen werden.

Labortechniker Martin Altrock sitzt neben dem Laborroboter am Computer.

Während der Roboter die Tests durchführt, programmiert Martin schon die nächsten Produktprüfungen.

Prozesse optimieren war schon immer meine Leidenschaft. Es ist ein bisschen wie Detektivarbeit: Man muss die Schwachstellen finden, muss aufdecken, wo es hakt und holpert, um dann zu überlegen, wie man sie ausbügeln kann. Als Labortechniker im ICD kann ich diese Leidenschaft leben.

Martin Altrock, Labortechniker bei Henkel Adhesive Technologies

Prozessoptimierung ist wie Detektivarbeit: Man muss Schwachstellen finden und überlegen, wie man sie beheben kann.

5. Wo werden die Roboter zukünftig überall eingesetzt werden?

Martin: Im nächsten Schritt werden automatisierte Materialprüfungen auch in unseren Laboren in Shanghai, China und Rocky Hill, USA ausgerollt. Die Labore werden daher aktuell für die Bedürfnisse der jeweiligen Forschergruppen und Produktspezifikationen konzipiert und ausgerüstet. Mittelfristig soll die Anzahl der automatisierten Labore bei Henkel an vielen weiteren Standorten ausgebaut werden.

Das ICD in Zahlen: