Story

Leicht, stark, nachhaltig: Warum moderne Flugzeuge ohne Klebstoffe nicht abheben können

Wie Henkel zur Entwicklung der Luftfahrtindustrie beiträgt

Innovation 17.09.2025

Henkel zählt zu den Innovationsführern in der Klebstofftechnologie für die Luftfahrt – und denkt längst an die Mobilität von morgen. Emrah Ozturk, Global Market Segment Manager im Bereich Aviation bei Henkel, gibt Einblick in eine Branche im Wandel – und zeigt, wie Henkel sie mitgestaltet.

„Rotate!“ – mit diesem Flugbefehl ziehen Pilotinnen und Piloten die Steuereinheit ihres Flugzeugs nach hinten. Die Maschine hebt sich zuerst vorne, dann komplett in die Luft. Höchstleistung. Nicht nur für die Cockpit-Crew, sondern auch für das Flugzeug. Denn im Moment des Abhebens wirken enorme Kräfte: Je nach Beladung lasten bis zu acht Tonnen Auftrieb auf jedem Flügel. Eine Extremsituation. Für die Struktur. Für das Material. Für jede Verbindung. Was hält das Ganze zusammen? Was sorgt dafür, dass Rumpf und Flügel sicher verbunden bleiben und dass leichte Verbundwerkstoffe auch unter Druck zuverlässig funktionieren? Oft sind es Klebstoffe – entwickelt von Henkel-Teams auf der ganzen Welt.

Vom großen Flügel bis zum kleinsten Kabel – wo Klebstoffe wirken

Klebstoffe revolutionieren das Flugzeugdesign. Ein Beispiel dafür findet sich an den Tragflächen moderner Großraumflugzeuge. Dort, wo sich die Flügelspitzen in komplexen Formen nach oben wölben, um den Luftstrom zu optimieren, stoßen konventionelle Verbindungstechniken schnell an ihre Grenzen. Mechanische Verbindungen sind zu schwer oder zu unflexibel, um solchen aerodynamisch wirksamen Geometrien gerecht zu werden. Erst der Einsatz maßgeschneiderter Klebstoffe macht es möglich, unterschiedlichste Materialien dauerhaft, leicht und belastbar zu verbinden – selbst in dünnwandigen Strukturen und an schwer zugänglichen Stellen.

: Innenansicht eines teilweise montierten Flugzeugflügels mit sichtbaren Strukturkomponenten, an denen Klebstoffe zum Einsatz kommen.

Der Einsatz maßgeschneiderter Klebstoffe ermöglicht es, selbst an schwer zugänglichen Stellen unterschiedlichste Materialien dauerhaft, leicht und belastbar zu verbinden.

Früher wurden Flugzeuge vollständig aus Metall gefertigt, heute wird es zunehmend durch Verbundwerkstoffe ersetzt – und Klebstoffe sind entscheidende Materialien, um deren Einsatz zu ermöglichen. „Unsere Materialien kommen praktisch überall im Flugzeug zum Einsatz, von der Tragfläche über die Kabine bis zu feinsten Elektronikkomponenten“, sagt Emrah. Die Liefergrößen der Klebstoffe reichen von Millilitern bis zu Fässern – abhängig von Anwendung und Bauteilgröße.

Tatsächlich sind die chemischen Anforderungen so unterschiedlich wie die Anwendungen selbst. Strukturverklebungen benötigen hochfeste, temperatur- und druckresistente Systeme. Im Innenraum zählt vor allem Gewichtsersparnis, bei der Elektronik kommt es auf Präzision und elektrische Isolation an. Für jede Herausforderung gibt es eine eigene Rezeptur – oft auf Epoxidbasis, also aus reaktiven Harzen, die sich durch einen Härter zu besonders widerstandsfähigem Material vernetzen lassen. Manche sind hitze- und druckhärtend, andere feuchtigkeitsreaktiv. Klebstoff ist ein hoch präzise entwickeltes Material.

Ist dir schon einmal die nach oben gebogene Spitze an Flugzeugflügeln aufgefallen? 

Diese nennt sich Winglet – und sie ist nicht nur ein Designelement! Winglets helfen dabei, den Kraftstoffverbrauch um bis zu sechs Prozent zu senken und die Geräuschentwicklung während des Flugs zu reduzieren. Hinter dieser aerodynamischen Flügelspitze steckt die Kraft der Materialwissenschaft. Dank unserer Loctite-Lösungen sind diese leichten Konstruktionen möglich und leisten einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Beim nächsten Flug lohnt sich also ein Blick aus dem Fenster – denn Innovation hebt buchstäblich ab.

Maßgeschneiderte Klebstofflösungen, die sich zusammen mit der Luftfahrt weiterentwickeln

Neue Klebstoffe entstehen häufig in einer langfristigen und engen Zusammenarbeit mit Flugzeugherstellern. „Diese Industrie denkt in Dekaden, nicht in Quartalen“, erklärt Emrah. „Wenn wir heute die Qualifikation für ein Material erhalten, wird es oft 30 oder 40 Jahre lang verwendet“. Ein Entwicklungsbeispiel zeigt, wie vielschichtig solche Innovationsprozesse sein können. Bei einem neuen Design stellte sich heraus, dass eine zentrale Verbindungsstelle nur sehr schwer zugänglich war. Der ursprünglich ausgewählte Klebstoff erwies sich als ungeeignet für diese neue Form. Als Reaktion darauf entwickelte das Henkel-Team in enger Zusammenarbeit mit dem Flugzeughersteller eine neue Formulierung – mit anderer Viskosität und anderem Fließverhalten, aber gleicher Leistung und innerhalb der gleichen Verarbeitungsparameter. Die Herausforderung bestand darin, die chemischen Eigenschaften anzupassen, ohne den gesamten Prozess zu verändern – ein aufwändiger Prozess, der aufgrund der Sicherheits- und Dokumentationsanforderungen in der Luftfahrt oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt. „Es reicht nicht, dass ein Material technisch funktioniert“, sagt Emrah. „Es muss auch regulatorisch anerkannt sein – und in den meisten Fällen muss es über Jahrzehnte hinweg bestehen“.

Ein Porträtfoto von Emrah Ozturk, Global Market Segment Manager im Bereich Aviation bei Henkel.

Wir arbeiten heute an Lösungen für Flugzeuge, die erst in zehn bis fünfzehn Jahren kommerziell verfügbar sein werden. Und wir tun es mit dem Anspruch, dass sie dann nicht nur technisch, sondern auch ökologisch die richtige Wahl sind.

Spezielle Produkte für die Wartung

Auch abseits der Produktion sind Klebstoffe von zentraler Bedeutung – etwa in der Wartung. In Zeiten, in denen neue Flugzeuge rar und Flugreisen wieder gefragt sind, wird die Instandhaltung bestehender Flotten zur strategischen Aufgabe. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, bietet Henkel Klebstoffe für die Reparatur von Verbundwerkstoffen in kleinen Verpackungseinheiten an – für schnelle und unkomplizierte Reparaturen.


Unsichtbare Stärke: Klebstoffe im Flugzeuginnenraum

Materialien im Innenraum von Flugzeugen – etwa Sitze, Seitenverkleidungen, Bodenbeläge und mehr – müssen strenge FST-Standards (flame, smoke, toxicity) erfüllen und gleichzeitig leicht, langlebig und für eine effiziente Fertigung geeignet sein. Ingenieursleistung auf höchstem Niveau – an jedem Berührungspunkt.


Elektronik in der Luft- und Raumfahrt

Radar-, Navigationssysteme und Satelliten erfordern höchste Zuverlässigkeit. Deshalb kommen in der Luft- und Raumfahrt Elektronikmaterialien zum Einsatz, die leistungsstark sind und die NASA-Vorgaben für geringe Ausgasung erfüllen. Spezielle Klebstoffe und Beschichtungen sorgen für Wärmemanagement, Schutz von Schaltkreisen und stabile elektrische Verbindungen.


Langlebigkeit in der Luft dank intelligenter Wartung

Wartung, Reparatur und Generalüberholung (MRO) sorgen dafür, dass Flugzeuge sicher, zuverlässig und regelkonform bleiben. Vom Triebwerksservice über Verbundreparaturen bis hin zur Neulackierung deckt MRO alle Aspekte der Pflege von Flugzeugstruktur und Komponenten ab. Der Einsatz von hochwertigen Materialien in Bau und Reparatur trägt zur Lebensdauer und Leistungsfähigkeit von Flugzeugen bei.

Zukunftsfähig durch Partnerschaften: Nachhaltigkeit beginnt auf molekularer Ebene

„Nachhaltigkeit zieht sich bei uns durch das gesamte Portfolio – von der Produktion bis zur Wartung“, sagt Emrah. Für Henkel ist Nachhaltigkeit kein nachgelagerter Entwicklungsschritt, sondern Ausgangspunkt vieler Innovationsprozesse. Bereits in der frühen Phase der Produktentwicklung werden ökologische Kriterien wie CO₂-Bilanz, Energiebedarf bei der Aushärtung oder die Vermeidung kritischer Inhaltsstoffe mitgedacht. Ziel ist es, zukunftssichere Materialien zu schaffen, die nicht nur leistungsfähig, sondern vor allem umweltschonend sind. Diese Haltung hat bei Henkel Tradition. Henkel bringt sich außerdem in Diskussionsforen wie der IAEG, der International Aerospace Environmental Group, ein, einer Plattform, auf der Akteur:innen der Branche über gemeinsame Nachhaltigkeitsziele, Materialien und Produktionsstandards sprechen. Dort geht es nicht nur um die Reduktion von Emissionen in der Nutzung, sondern auch um nachhaltigere Produktionsprozesse und geschlossene Materialkreisläufe. 

Die Luftfahrtindustrie steht vor einem ehrgeizigen Ziel: Null-Emissionen bis 2050. 40 Prozent dieser Einsparungen, so schätzt ein Branchenverband, sollen durch neue Materialien kommen. Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Chemieindustrie, sondern eine Chance: Wer heute emissionsarme, energieeffizient aushärtende oder recyclingfähige Klebstoffe entwickelt, gestaltet aktiv die Mobilität von morgen mit.

Ein Porträtfoto von Emrah Ozturk, Global Market Segment Manager im Bereich Aviation bei Henkel.

Nachhaltigkeit zieht sich bei uns durch das gesamte Portfolio – von der Produktion bis zur Wartung.

Nachhaltigkeit und Innovation entstehen in der Luftfahrt nicht im Alleingang. Es braucht ein Zusammenspiel aus vorausschauender Materialentwicklung, enger Zusammenarbeit und einem klaren Verständnis für die regulatorischen Anforderungen von morgen. Wer in diesem Umfeld bestehen will, muss frühzeitig denken, vernetzt arbeiten und flexibel auf technologische sowie politische Veränderungen reagieren können. „Wir arbeiten heute an Lösungen für Flugzeuge, die erst in zehn bis fünfzehn Jahren kommerziell verfügbar sein werden“, sagt Emrah. „Und wir tun es mit dem Anspruch, dass sie dann nicht nur technisch, sondern auch ökologisch die richtige Wahl sind“. 

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WANDEL VERSTEHEN, ZUKUNFT GESTALTEN

Jede Innovation beginnt mit einer außergewöhnlichen Idee. Doch eine Idee ist nur der erste Schritt. Für einen Innovationssprung braucht es mehr. Es braucht eine Idee, die begeistert – den Markt, die Konsument:innen oder unsere Kunden. Der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum und Wohlstand sind innovative Produkte und Technologien, die dabei helfen, Herausforderungen zu bewältigen, Veränderungen herbeizuführen und Visionen zu erreichen. 

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