Wie schützen Sie Ihr Team vor zu viel Einfluss von außen?
Ich sage meinen Spielern gerne: Wir müssen um unsere Umkleidekabine eine Wagenburg bauen. Da darf nichts rein- und nichts rauskommen. Was über uns geschrieben wird oder an Kritik aus dem Umfeld kommt, darf uns nicht interessieren. Entscheidend ist, dass wir uns in der Kabine die Wahrheit sagen. Die Kabine ist unser Rückzugsort. Dazu gehört, dass wir uns nicht untereinander öffentlich kritisieren. Das gilt auch für mich: Nach der Niederlage gegen Wolfsburg in der letzten Saison bin ich zu schnell vor die Kameras getreten und habe mich von meinen Emotionen dazu verleiten lassen, meine Spieler öffentlich zu kritisieren. Das war falsch – und das habe ich auch gegenüber der Mannschaft offen angesprochen.
Was macht für Sie einen guten Teamplayer aus?
Ein Teamplayer ist ein Spieler, der optimalerweise auf mehreren Positionen spielen kann. Der eine Mannschaft mitreißen kann. Der auf Mitspieler zugeht. Der einen guten Draht zum Trainer pflegt. Kurz gesagt: Einer, der die Mannschaft in den Vordergrund stellt und nicht sich selbst – auch wenn er mal nicht zu den ersten 11 gehört. Wenn ich als Spieler nur auf der Bank sitze oder gar nicht im Kader bin, dann bin ich natürlich unzufrieden. Ich setze mich ja nicht gemütlich auf die Tribüne oder aufs Sofa zuhause und bin froh, dass ich nicht dabei bin. Aber diese Unzufriedenheit kann ich als Teamplayer nicht an der Mannschaft auslassen. Das ist nicht einfach. Manchmal können die Spieler meine Entscheidung nicht nachvollziehen. Das verstehe ich, ich war schließlich auch Spieler – was eine unbezahlbare Erfahrung für einen Trainer ist. Aber ich erwarte, dass sie sie akzeptieren und nicht durch negative Körpersprache und Einflussnahme auf andere Spieler für schlechte Stimmung sorgen. Diesen Maßstab lege ich auch an meine Führungsspieler an. Die Mannschaft soll merken: Der Trainer räumt ihnen keine Sonderrechte ein, sondern behandelt alle gleich.
Welche Rolle spielen ehemalige Spieler, die dem Verein treu bleiben und neue Funktionen übernehmen?
Eine sehr wichtige! Ein Beispiel ist Axel Bellinghausen, der vor zwei Jahren aufgehört hat und jetzt als Co-Trainer für die Fortuna arbeitet. Oder unser Co-Trainer Thomas Kleine, der auch ein sehr guter Bundesliga-Spieler war und Champions League mit Bayer Leverkusen gespielt hat. Beide können sich – weil sie jünger sind – vermutlich noch besser in die Spieler hineinversetzen. Ich behaupte zwar, dass ich das immer noch kann, aber trotzdem ist der Altersunterschied natürlich ein Faktor. Ich werde jetzt 66, der jüngste Spieler ist 18. Deswegen gebe ich auch so viel Verantwortung an meine Co-Trainer ab. Unser Trainerteam ist sehr vielseitig aufgestellt und ich bin fest davon überzeugt, dass das einen Teil unseres Erfolgs ausmacht.
Stichwort neue Generation – was raten Sie Ihren Spielern in Bezug auf Social Media?
Vorsichtig zu sein. Ich persönlich bin auf diesen Plattformen nicht zuhause. Meiner Meinung nach sollte man auch nicht zu viele Einblicke in sein persönliches Leben geben. Zum Beispiel nicht jede Feier posten. Wenn Du dann zweimal verlierst, heißt es direkt: ja, klar, die feiern nur. Dafür sollte jeder Spieler ein Bewusstsein entwickeln. Es gibt den Spruch: Je oller, desto doller (lacht). In diesem Fall ist das eher ein Thema für die jüngeren Spieler. Bei uns gibt es keine Verbote, sondern Regeln. Dass die Spieler beispielsweise ein paar Tage vor dem Spiel nicht mehr abends um die Häuser ziehen. Aber ehrlich gesagt geht die heutige Generation das anders an. Wir haben das früher gemacht, was nie ans Licht gekommen ist (lacht). Heutzutage braucht nur jemand ein Foto zu machen und dann wissen tausende Menschen Bescheid.
Eine häufige Begleiterscheinung von einer erfolgreichen Saison ist, dass wichtige Leistungsträger den Verein verlassen. So auch bei der Fortuna mit dem Wechsel von Dodi Lukebakio und Benito Raman. Wie gehen Sie damit um?
Realistisch. Wenn wir als Fortuna eine erfolgreiche Saison spielen, dann liegt das auch an zwei, drei außergewöhnlichen Spielern, die ihre Leistung voll abgerufen haben. Und diese sind selbstverständlich im Blickfeld von finanzkräftigeren Vereinen. Was bedeutet das für uns? Wir verpflichten neue Spieler und versuchen, diese wieder in unsere Truppe einzubinden. Es ist mir wichtig, die Erwartungshaltung nicht zu hoch werden zu lassen. Das wäre nämlich weder realistisch noch fair. Wir bekommen nicht direkt wieder außergewöhnliche Spieler. Glauben Sie mir: Die Jungs, die wir haben, geben alles. Wir trainieren hart. Die Spieler haben ein sehr gutes Verhältnis untereinander. Und trotzdem braucht es Zeit. Fußball ist kein Wunschkonzert, sondern harte Arbeit. Da muss man auch durch schwerere Zeiten gehen. Und daher ist Platz 15 auch unser einziges Ziel in dieser Saison. Wir wollen in der Bundesliga bleiben.